31 Mai 2009

Quantum of Menace



"Bitte hier noch unterschreiben - Vollkaskoversicherung, 10.000 Euro Selbstbeteiligung". Wenn man das hört, kann man davon ausgehen, dass es bei der anstehenden Probefahrt nicht um einen Fiat Panda geht. Im baustellenlärm-bedröhnten Hof des Autohauses Avalon in Kronberg stehe ich nervös-ehrfürchtig vor einem äußerst edlen Stück automobiler Baukunst: Dem Aston Martin DB9 Volante, wobei letzteres die Cabrioversion kennzeichnet. Silbergrauer Lack, schwarzes Verdeck, Leichtmetallfelgen so groß wie Traktorreifen - das Haifischmaul des Kühlers verspricht bereits im Stand drohend, alles zu fressen was auf der Straße nicht schnell genug Platz macht. Und das sollte man, wenn der 477 PS starke und bis zu 300 km/h schnelle Engländer im Rückspiegel auftaucht. Leider bieten die kurvenreich-waldigen Strecken rund um das eher ländliche Kronberg nicht viel Raum, dem inneren James Bond ein wenig Auslauf zu gewähren - auch wenn das kernige, aber keinesfalls aufdringliche oder prahlerische Röhren aus dem Motorraum des DB9 dezent dazu auffordert. Der Volante hat zwar weder Maschinengewehre noch Schleudersitz (verdammt, ich hätte fragen sollen ob es die als Extra gibt), aber dafür ein automatisches Verdeck und ein Navigationssystem: Bei dessen Anblick fällt mir auf, dass ich immer angenommen hatte, Aston Martin sei edel, aber technischen nicht unbedingt state of the art. Andererseits findet bereits das Starten des Motors über das Einstecken eines Streichholzschachtel-großen Chromkästchens in die Mittelkonsole statt. So viel zur Rückständigkeit von Aston Martin. Der DB9 liegt wie ein Brett auf der Straße, die Lenkung ist so präzise und gibt so viel Feedback vom Fahrwerk, dass man glauben könnte, der Wagen hätte keine Servolenkung. Im Innenraum herrscht graues Leder vor - selbst die Armaturenkonsole ist damit bezogen, über die Konturen ziehen sich Nähte: Nicht umsonst prangt im Motorraum eine Plakette mit der Aufschrift "Handmade in England". Alles sehr wertig - mit Ausnahme vielleicht der etwas klobig ausgefallenen Einstellknöpfe an der Mittelkonsole, die obendrein (shocking!) aus schnödem Plasik bestehen. Dafür entschädigt wird man durch den Anblick der Instrumente, die in ihrer brushed-steel-Optik eher an einen Schweizer Chronometer erinnern. A propos Blick - wenn man einen solchen in den Rückspiegel wirft, bekommt man lediglich einen schießschartenhaften Ausschnitt der Straße hinter dem Volante zu sehen - aber das ist der Preis dafür, dass man ein Auto mit einem geilen Arsch fährt. Auch wenn die Konstrukteure in Warwickshire es sicher nicht so ausdrücken würden. Die mangelnde Aussicht lässt sich auch schnell durch das Öffnen des Verdecks beheben: Der 30. Mai bot hervorragendes Cabrio-Wetter. Generell ist der Aston Martin DB9 Volante ein Wagen, an den man sich schnell gewöhnt, auch wenn ich an Ampeln widerholt beim Griff nach der Gangschaltung ins Leere lange: Wir (der freundliche Verkäufer wollte mich leider leider nicht alleine fahren lassen) fahren die Automatikvariante, manuelles Schalten ist dennoch möglich über die Schaltwippen am Lenkrad. Auch der Kofferraum verdient seinen Namen nicht wirklich: das vorhandene Volumen wird größtenteils vom Faltdach beansprucht, was ich nach der viel zu baldigen Rückkehr ins Autohaus feststelle, wo ich die Schnauze des Wagens erstmal mit lautem Knirschen auf dem Gehweg aufsetze. "10.000 Euro Selbstbeteiligung" spielt mir mein Gehirn in einem ungewollten Flashback vor, ehe mich der Verkäufer beruhigt: "Keine Sorge, wir parken alle so." Ach? Tatsächlich - alle weiteren Fahrzeuge neben mir stehen ebenso da - der Aston hat ein Stahlblech, dass den Motorraum von unten schützt. Daher also das fiese Geräusch. Das Letzte was man vom DB9 hört ist das satte Schließen der Tür, nachdem der Verkaufsberater das Schild mit dem Preis wieder ins Frontfenster gelegt hat: 180.000,00 Euro. Dafür müsste selbst James Bond ein paar Tage lang sparen.

Fahrbericht der englischen Sendung Top Gear

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