All die Häuser, Arkaden und Tempel sind ohne Nachladezeiten erreichbar. Der einzige und größte Wermutstropfen: Wenn man mal dort ist, ist es nur eine weitere Häuserreihe mit Läden davor, in die man nicht hineingehen kann (man kann überhaupt nur sehr wenige Gebäude betreten), mit Menschen auf den Straßen, die nichts zu erzählen haben: Wehmütig denkt man an das schon recht staubige No One Lives Forever zurück, wo man feindliche Schergen minutenlang bei Tarantino-esken Dialogen belauschen konnte (thx @ Looza für den Link). Jede der Städte Jerusalem, Damaskus, Akkon und Masyaf lädt durch ihre Verwinkeltheit und Liebe zum Detail zum Entdecken ein - es gibt aber nichts zu entdecken. Von den über die Dächer verteilten Fahnen abgesehen. Die kann man zwar alle sammeln, spielerisch gesehen bringt es aber keinen Vorteil, den kompletten Satz "100 Templer-Flaggen" zu besitzen - man kann sie nicht bei ebay verkaufen, sich nicht an den Hut stecken und nicht bei den Ordensbrüdern beim wöchentlichen Wimpel-Quartett damit auftrumpfen - der einzige andere Nutzen den diese bunten Fetzen haben, ist einen Zwischenspeicherstand zu erstellen. Dieser bleibt allerdings nur solange erhalten, bis man das Spiel beendet. Nur der Stand, den man beim letzten Besuch eines der Ordensbüros hatte, bleibt immer erhalten - ärgerliches Überbleibsel der Konsolen-Portierung, der wohl auch das Fehlen einer "Spiel beenden" Option zu verdanken ist: Anders als mit Alt + F4, dem PC-Äquivalent eines Handkantenschlags ins Genick, kommt man nicht mehr auf den Desktop zurück. Doch zurück zum Spiel: Klar, man könnte alle optionalen Aufgaben erfüllen. Aber die sind nicht sonderlich fantasievoll: Besteige alle Türme im Königreich. Töte alle (80) Templer. Führe alle Bürgerbefreiungen durch - gut, DIE haben wenigstens noch einen Sinn dadurch, dass die vor den Häschern geretteten Bürger die Partisanen im Viertel anweisen, dem Spieler zu helfen: Bei einem sehr nervigen Auftragsmord, bei dem ich den Schuft über viele Dächer und Straßen verfolgen musste, lief der Knabe direkt einer Gruppe Aufständischer in die Arme, grade als ich ihn fast verloren hatte. Sie schubsten ihn ein wenig herum und ich brauchte nur hinzu zu schlendern, meine verborgene Armklinge herausschießen zu lassen: Tschinggg! Da warens nur noch 7. Überhaupt ist das Töten mit dem "hidden blade" eine sehr befriedigende Methode, um es den Wachen heimzuzahlen, die nur eins im Sinn haben - dem Spieler das Leben schwer zu machen: Auf einen der Bogenschützen auf den Dächern zuzuspringen und ihm, kaum dass er sich umgedreht hat, die Klinge in den Hals zu rammen verleiht dem Ausdruck jemandem das Wort abschneiden eine sehr plastische Bedeutung. Und sie bieten eine nahezu erholsame Abwechslung zu den recht häufig auftretenden "Straßenschlachten" mit manchmal bis zu 20 Gegnern. Hier allerdings spielt AC eine seiner besten Karten aus: Das Kampfsystem. Wer gerne Mantel- und Degenfilme sieht, kommt hier mit den gebotenen Möglichkeiten voll auf seine Kosten: Mit nur wenigen Tasten gelingen teils sehr spektakuläre Fechtszenen, die die Altersfreigabe ab 18 gerechtfertig erscheinen lassen - wenn dem Gegner die Schulter bis zum Brustbein eingehackt wird oder Altair (die Spielfigur) einem Angreifer den Dolch erst in den Fuß rammt und dem Schergen dann die Klinge von unten nach oben durch die Brust zieht, ist das nicht nur äußerst blutig, sondern schon beim reinen Zusehen fast schmerzhaft (einige der hier gezeigten Moves sind in der PC-Version nicht verfügbar, wie z.B. das schwungvolle Kehlen-Durchschneiden. Hab ich auch nicht vermisst).
Was leider gar nicht recht erschließen will, ist der in der Gegenwart spielende Teil von AC - dort liegt Desmond Miles, ein Nachfahre von Altair, auf einem Untersuchungstisch und ein dubioser Wissenschaftskonzern versucht, mittels einer speziellen Apparatur, dem Animus, an seine "genetischen Erinnerungen" zu gelangen. Man versteht nicht, wie Desmond dort hinkam, warum er dort bleibt (es gibt keine Wachen, nur 2 Wissenschaftler) und was am Ende aus ihm wird. Geplante und wohl bereits in Produktion befindliche Fortsetzung hin oder her: Spiele, die an sich den Anspruch stellen eine Geschichte erzählen zu wollen, sollten diese auch befriedigend abschließen können - ich gebe 45 Euro nicht aus, um zu erfahren wie es weitergeht, sondern um einige weitere unterhaltsame Stunden mit einem gut gemachten Spiel zu verbringen. Ich hoffe, Ubisoft bekommt das hin - wenn mich jemand sucht, bis es soweit ist: Ich bin dann mal in der Zukunft.
 
 
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