Achtung: Auf der Babymesse in Diedenbergen kommt Ihnen ein Fahrzeug entgegen. Der zweirädrige Segway wird von einem älteren Herren gesteuert - wobei "steuern" vielleicht das falsche Wort ist. Bringen Sie Ihre schwangeren Frauen, Kleinkinder und Hebammen in Sicherheit. Der bärtige Mann ist nicht in der Lage sich zu orientieren und könnte unvermittelt im Rückspiegel Ihres Kinderwagens auftauchen. Eine Amokfahrt wird ebenfalls nicht ausgeschlossen. Bei Sichtkontakt verständigen Sie bitte umgehend den psychiatrischen Notdienst. Sollte sich der Segway auf Kollisionskurs befinden, hechten Sie in den nächstgelegenen Messestand: Mit etwas Glück ist es ein Windelanbieter.
Wenn man Assassins Creed durchgespielt hat, bleibt man mit gemischten Gefühlen zurück - was nicht zuletzt auf das halbgare Ende zurückzuführen ist, dass mehr Fragen aufwirft als es beantwortet. Bei einem Spiel, das als dermaßen aufwändig beworben wurde (und es in vielen Aspekten auch ist), denkt man sich, sobald der recht überraschend aufploppende Abspann durchläuft, unwillkürlich: Wie - das war's jetzt? Ubisoft Montreal hat als einer der größten Spielehersteller der Welt zweifelsohne die Ressourcen und Fähigkeiten, ein äußerst beeindruckendes Spiel auf die Beine zu stellen. Die Welt von Assassins Creed ist dementspechend äußerst stimmig - zumindest was den Teil angeht, der in der Vergangenheit spielt. Dort, in den mittelalterlichen Städten, kann man sich an den Details kaum sattsehen: Überall geschäftiges Treiben, die Straßen voller Menschen - Händler, Bürger, Bettler, Soldaten, Verrückte, Halsabschneider. Das Spiel protzt geradezu unverschämt mit seiner Opulenz, der Ausblick von den über die Städte verteilten Türmen wird (bei einer "Erstbesteigung") mit einer filmreifen Kamerafahrt belohnt.
All die Häuser, Arkaden und Tempel sind ohne Nachladezeiten erreichbar. Der einzige und größte Wermutstropfen: Wenn man mal dort ist, ist es nur eine weitere Häuserreihe mit Läden davor, in die man nicht hineingehen kann (man kann überhaupt nur sehr wenige Gebäude betreten), mit Menschen auf den Straßen, die nichts zu erzählen haben: Wehmütig denkt man an das schon recht staubige No One Lives Forever zurück, wo man feindliche Schergen minutenlang bei Tarantino-esken Dialogen belauschen konnte (thx @ Looza für den Link). Jede der Städte Jerusalem, Damaskus, Akkon und Masyaf lädt durch ihre Verwinkeltheit und Liebe zum Detail zum Entdecken ein - es gibt aber nichts zu entdecken. Von den über die Dächer verteilten Fahnen abgesehen. Die kann man zwar alle sammeln, spielerisch gesehen bringt es aber keinen Vorteil, den kompletten Satz "100 Templer-Flaggen" zu besitzen - man kann sie nicht bei ebay verkaufen, sich nicht an den Hut stecken und nicht bei den Ordensbrüdern beim wöchentlichen Wimpel-Quartett damit auftrumpfen - der einzige andere Nutzen den diese bunten Fetzen haben, ist einen Zwischenspeicherstand zu erstellen. Dieser bleibt allerdings nur solange erhalten, bis man das Spiel beendet. Nur der Stand, den man beim letzten Besuch eines der Ordensbüros hatte, bleibt immer erhalten - ärgerliches Überbleibsel der Konsolen-Portierung, der wohl auch das Fehlen einer "Spiel beenden" Option zu verdanken ist: Anders als mit Alt + F4, dem PC-Äquivalent eines Handkantenschlags ins Genick, kommt man nicht mehr auf den Desktop zurück. Doch zurück zum Spiel: Klar, man könnte alle optionalen Aufgaben erfüllen. Aber die sind nicht sonderlich fantasievoll: Besteige alle Türme im Königreich. Töte alle (80) Templer. Führe alle Bürgerbefreiungen durch - gut, DIE haben wenigstens noch einen Sinn dadurch, dass die vor den Häschern geretteten Bürger die Partisanen im Viertel anweisen, dem Spieler zu helfen: Bei einem sehr nervigen Auftragsmord, bei dem ich den Schuft über viele Dächer und Straßen verfolgen musste, lief der Knabe direkt einer Gruppe Aufständischer in die Arme, grade als ich ihn fast verloren hatte. Sie schubsten ihn ein wenig herum und ich brauchte nur hinzu zu schlendern, meine verborgene Armklinge herausschießen zu lassen: Tschinggg! Da warens nur noch 7. Überhaupt ist das Töten mit dem "hidden blade" eine sehr befriedigende Methode, um es den Wachen heimzuzahlen, die nur eins im Sinn haben - dem Spieler das Leben schwer zu machen: Auf einen der Bogenschützen auf den Dächern zuzuspringen und ihm, kaum dass er sich umgedreht hat, die Klinge in den Hals zu rammen verleiht dem Ausdruck jemandem das Wort abschneiden eine sehr plastische Bedeutung. Und sie bieten eine nahezu erholsame Abwechslung zu den recht häufig auftretenden "Straßenschlachten" mit manchmal bis zu 20 Gegnern. Hier allerdings spielt AC eine seiner besten Karten aus: Das Kampfsystem. Wer gerne Mantel- und Degenfilme sieht, kommt hier mit den gebotenen Möglichkeiten voll auf seine Kosten: Mit nur wenigen Tasten gelingen teils sehr spektakuläre Fechtszenen, die die Altersfreigabe ab 18 gerechtfertig erscheinen lassen - wenn dem Gegner die Schulter bis zum Brustbein eingehackt wird oder Altair (die Spielfigur) einem Angreifer den Dolch erst in den Fuß rammt und dem Schergen dann die Klinge von unten nach oben durch die Brust zieht, ist das nicht nur äußerst blutig, sondern schon beim reinen Zusehen fast schmerzhaft (einige der hier gezeigten Moves sind in der PC-Version nicht verfügbar, wie z.B. das schwungvolle Kehlen-Durchschneiden. Hab ich auch nicht vermisst).
Was leider gar nicht recht erschließen will, ist der in der Gegenwart spielende Teil von AC - dort liegt Desmond Miles, ein Nachfahre von Altair, auf einem Untersuchungstisch und ein dubioser Wissenschaftskonzern versucht, mittels einer speziellen Apparatur, dem Animus, an seine "genetischen Erinnerungen" zu gelangen. Man versteht nicht, wie Desmond dort hinkam, warum er dort bleibt (es gibt keine Wachen, nur 2 Wissenschaftler) und was am Ende aus ihm wird. Geplante und wohl bereits in Produktion befindliche Fortsetzung hin oder her: Spiele, die an sich den Anspruch stellen eine Geschichte erzählen zu wollen, sollten diese auch befriedigend abschließen können - ich gebe 45 Euro nicht aus, um zu erfahren wie es weitergeht, sondern um einige weitere unterhaltsame Stunden mit einem gut gemachten Spiel zu verbringen. Ich hoffe, Ubisoft bekommt das hin - wenn mich jemand sucht, bis es soweit ist: Ich bin dann mal in der Zukunft.
Kaum zu glauben wieviel Spaß mal wieder gute ehrliche Handarbeit macht, wenn man tagein tagaus nur Pixel hin und her schiebt. Was man hier sieht, sind (von unten nach oben) Schablonen, Rohling und fertig geschliffenes Wurfmesser - eines von 6 - für mein Assassins Creed Kostüm. Hatte ich mir zwar einfacher vorgestellt, bin mit dem Ergebnis aber recht zufrieden: Die Verzierungen fehlen noch, aber schon jetzt sieht es echter aus als die Messer, die vom offiziellen Hersteller des Kostüms angeboten werden - das sind echte Wurfmesser, die man auf Wunsch sogar scharf geschliffen erhälte. Wozu??? Und was die erst kosten: 60 Euro - pro Stück! Das ist glatte Wegelagerei!! Da sollte ich vielleicht mal vorbeireiten sobald mein Schwert eingetroffen ist aus den Staaten. Ach nee da muss ich ja erst noch reiten lernen. Aber vielleicht gehts ja auch vom Auto aus. "Drive-by hack-and-slaying"...
Das ist übrigens eins dieser 3d-Bilder: Wenn man lange genug auf den Text schielt, sieht man mich bei Sonnenuntergang am Strand des Langener Waldsees, nur mit einem Chiffonschleifchen bekleidet.