25 August 2008

Todesursache: Langeweile



Hinweis: Diese Buchrezension richtet sich an Spieler der Hitman Reihe. Allen anderen sei geraten: kaufen Sie sich ein richtiges Buch.

Hitman - Der innere Feind (William C. Dietz)

Ich hatte durch die vorhergehenden Rezensionen vergleichsweise hohe Erwartungen an das Buch (nicht zuletzt weil der Autor ja angeblich bereits einige Star Wars Romane verfasst hat). Die wurden leider herb enttäuscht. An dieser Geschichte stimmt einfach GAR nichts.

Die Story
Agent 47 muss einen Verräter in den Reihen der AGENTUR aufspüren, der es nicht nur auf ihn, sondern auch auf seine Arbeitgeber abgesehen hat. (siehe Amazon-Beschreibung)

Die Figuren
Der geklonte Auftragsmörder und seine Vorgehensweise sind vergleichsweise gut portraitiert - was bei jemand mit seinem begrenztem emotinalen Repertoire nicht allzu schwer fällt. Leider verpasst der Autor die Chance, den in den Spielen immer wieder mal auftauchenden trockenen Humor des Agenten einfließen zu lassen. Ein weiteres bekanntes "Gesicht" ist Diana Blackwood. Diese wird aber (statt vielleicht die Beziehung der beiden etwas zu erweitern) nicht nur zur reinen Stichwortgeberin, sondern obendrein noch zur "Schönen in Not" degradiert. Und das auch noch nackt. Wow. Ganz großes Kino. Die anderen Charaktere bleiben ebenfalls weitgehend farblos, oder werden einfach nicht konsequent eingesetzt: Grade Marla, 47s Gegenspielerin in dieser Geschichte, hätte eine 2. Mona Sax (Max Payne) werden können, sie wird aufwändig eingeführt - und ist dann irgendwann einfach weg, ohne sich vom Leser gebührend zu verabschieden.

Der Stil
... ist... da fehlen mir die Worte. Dem Autor offenbar auch. Der Schreibstil ist SEHR schlicht gehalten - man hat fast den Eindruck, Dietz wolle seine Leser nicht überfordern. Kurze Sätze, kurzes Buch. Und vieles davon wirkt wie Füllmaterial: Dass jede Waffe und jedes Vehikel nicht nur bis auf den letzten Versionsbuchstaben benannt werden, mag einem aus den Spielen bekannt vorkommen, aber in einem Buch wirkt es als ob hier Leuten nachgeeifert wird, die das besser können (zB Dean Koontz). Auch dass einem (besonders in den in Afrika spielenden Kapiteln) penetrant jede Menge marokkanische und arabische Wörter zeilenfressend erklärt werden, geht einem schnell auf die Nerven.

Das Setting und die "Hits"
Hier stimmt das meiste - wenn man vom Spiel ausgeht. Allerdings: Das hier ist ein BUCH, Herr Dietz. Was in einem Game-Level ein interessantes Szenario ist, wirkt in Druckform schnell bieder und langweilig. Nicht zuletzt, weil die Interaktion fehlt: 47 hat es einfach zu leicht. Und nein, dass unser Klon seine Beute über mehrere Länder verfolgen muss, lasse ich hier nicht als Gegenbeweis gelten: 47 ist ein Mörder, kein Vielflieger. Ich hatte mir erhofft, richtig schwere Aufträge zu erleben, bei denen alle aus den Spielen bekannten Waffen vorkommen, sinnvoll eingesetzt. UND dass der Killer vorgeht, wie ich die Spiele angegangen bin: Töte die Zielperson, lasse niemanden sonst zu Schaden kommen - nicht mal die "bösen" Leibwächter. Anders bekam man ja auch nicht die begehrte "Silent Assassin" Wertung. Im Buch ist 47 da wenig zimperlich - auch wenn nicht gleich jeder draufgeht, hat er doch keine Skrupel, jemanden nur wegen einer benötigten Verkleidung töten zu wollen. Aber das Hauptproblem ist und bleibt die Spannung - es kommt einfach keine auf. Ohne jetzt lang auf die Regeln eines Spannungsbogens einzugehen - hier wird einfach jede Chance vergeigt. Man wartet auf einen großen Showdown mit dem Endgegner (Frau Marla, zum Set bitte! Wo steckt die Alte bloss...?) aber. Er. Kommt. Nicht. Nachhilfe in Storytelling: Ein Held (grade so einer wie 47) lebt von einem starken Gegner. Und nur die Wiederstände, die er zu überwinden hat, lassen uns ihn bewundern.

FAZIT
In Kürze: Spielen Sie lieber nochmal die Spiele, das hat höheren Unterhaltungswert. Hier wird jede interessante Entwicklung im Keim erstickt, aufkommende Spannung unweigerlich abgewürgt, Atmosphäre-Bildung wird durch nutzlose Detailbeschreibungen erschlagen die Charaktere erscheinen so dünn und zweidimensional wie die Geister der Toten: Da sind selbst die Zielperson-Beschreibungen der Spiele bunter. Kann sein, dass ich mit 36 zu alt für solche Bücher bin. Andererseits - für eine gute Story ist man nie im falschen Alter, und die sucht man hier leider vergebens.

Keine Kommentare: